Journal of English and Germanic Philology. October 1996, 601-605.

Dithyrambiker des Untergangs.  Gnostizismus in Ästhetik und Philosophie der Moderne.  Von Michael Pauen.  Berlin:  Akademie Verlag, 1994.  Pp. 449.  DM 84.

Allein als Materialsammlung wäre dieses Buch wertvoll, und in der Tat liest es sich über weite Text- und Fussnotenstrecken hin wie eine Datensammlung zum vorliegenden Thema. Es geht dem Autor Michael Pauen um nichts weniger, als das Nachleben der Gnosis systematisch zu dokumentieren, d.h. die Beständigkeit einer Weltsicht und Denkweise aufzuzeigen, die sich über knapp zweitausend Jahre erstreckt, zur Geschichte des Christentums parallel läuft, ja mit ihm ursprungsverwandt ist, jedoch von seinen prominenten frühen Vertretern als Ketzerei verurteilt wurde. Das gilt auch von den grossen Kirchenlehrern, die gnostisches Gedankengut übernahmen, auswählten und verwarfen, aber nie ganz loswurden. Augustinus ist das bekannteste Beispiel.
     Die einleitenden Seiten vermitteln einen ersten Eindruck von der Anzahl neuzeitlicher Autoren und literarischer Figuren, bei denen sich gnostische Vorstellungen und Denkmodelle nachweisen lassen. Faust, sein Famulus Wagner, und eine Romanfigur Balzacs als deren Nachfolger. Schopenhauer und Nietzsche. Bachhofen, Steiner, Lukacs und Bloch; Harnack, Weber, Schuler, Klages; Kandinski, Buber, Hesse, George, Trakl, Kafka, Jung. Und mehr. Einige davon werden nicht weiter behandelt, andere, wie Adorno und Heidegger, überhaupt erst später erwähnt und bekommen ausführliche Kapitel.
     Die Absicht dieser grossangelegten Arbeit ist nicht Wirkungsgeschichte im engeren Sinne, wobei schliesslich über dem letzten Glied der Kausalkette triumphierend das Banner des lückenloses Beweises gehisst werden könnte: so als wären Schopenhauer, Heidegger und Adorno die direkten Erben der antiken Gnosis. Vielmehr liegt dem Wisenschaftler Pauen daran, gemeinsame "Denkfiguren," eine gemeinsame "Grammatik des Denkens" (11) aufzuzeigen. Das ist eine ebenso ehrliche wie weise Beschränkung, die er nicht müde wird zu wiederholen, zuguterletzt im Schlusswort:
Damit ist keine lückenlose Kausalkette präsentiert, aus der zweifelsfrei hervorginge, dass und warum Bloch sich im Geist der Utopie auf den Gnostiker Basilides berufen musste oder Klages von seiner Lehre als "Gnosis" spricht; es ist kein zwingendes Argument dafür genannt, dass Heidegger gnostische Begriffe wie den "Ruf" oder die "Geworfenheit" verwendet oder Adorno mit den Stücken Beketts indirekt auch seine eigene Lehre als "gnostisch" bezeichnet. Verlangen kann solche Argumente allerdings nur, wer Philosophiegeschichte als einen Mechanismus auffasst, der eine simple Übersetzung ... betreibt. Die hier unternommene Rekonstruktion ... verbleibt also nicht innerhalb der üblichen monokausalen Erklärung ..." (410).
Mit anderen Worten, Pauen nimmt "Gnostik" für sein Vorhaben nicht als datierbare Epoche innerhalb der westlichen Philosophie und Mythenbildung, sondern als eine stets verfügbare Methode, sich mit der Welt auseinanderzusetzen oder mit ihr anzulegen. Aus ähnlich unterschiedlichen Perspektiven wurde z.B. in den fünfziger Jahren über das Begriffspaar Realismus/realistisch diskutiert.
     Allerdings will Pauen das Auftreten gnostischen Gedankenguts nicht als zufällig ansehen, sondern abhängig von "bestimmten historischen Bedingungen" (12). Was wiederum nicht bedeuten soll, dass die pessimistische gnostische Weltsicht, wo immer sie vorgefunden wird, vom schlechten wirtschaftlichen oder politischen Klima der jeweilen Epoche abhängt. Im Gegenteil, schreibt Pauen, die antike Gnosis entstammt dem Wohlstand der frühen römischen Kaiserzeit, und die jüngste gnostische Welle der "Aufschwungseuphorie der Gründerzeit" (13, auch 42/3). Er setzt vielmehr bei der Gnostik eine pessimistische Grundhaltung voraus, die er einen sekundären Pessimismus (warum nicht "primär" oder "grundsätzlich"?) nennt. Dieser entzündet sich nicht an jeweiligen Krisen oder Misständen, sondern hält die Welt überhaupt für ein Gebilde aus "Finsternis und Ingnoranz." Dass diese bessere Einsicht der Wenigen sich nicht durchzusetzen vermag, gilt als Beweis für die allgemeine Verblendung. Das rechtfertigt wiederum die elitäre "Ablehnung der Öffentlichkeit", die die unanfechtbare Gewissheit der  Einsichtigen nicht teilt, dass da weder mit Gesundbeterei noch mit Naturwissenschaft und Fortschrittsgläubigkeit etwas zu machen ist. Allenfalls hilft ein "apokalyptischer Umbruch " (15), eine tröstliche Aussicht. Da die Wissenschaften Teil der erwähnten Verblendung sind, "nehmen Bloch, Klages, Adorno und Heidegger für ihre Philosophie ein Wissen in Anspruch, das sich wesentlich auf die Kunst beruft" (16).
     Pauen beginnt seine intellectual history, wie nicht anders zu erwarten, mit dem Versuch, die Gnostik zu definieren. Das ist eine mühsame Arbeit, und man merkt es förmlich der Darstellung an. Aber es lohnt sich, hier langsam und genau zu folgen. Was ist und was will die Gnostik? Am besten versteht man sie als "eine Theorie des 'Ganz Anderen'," die sich von allen Konventionen befreit und "dabei radikal kritisch" ist (17). Damit ist noch nicht viel gewonnen, aber es herrscht tatsächlich in den Arbeiten, auf die Pauen sich beruft, keine Übereinstimmung ("nicht einmal im Ansatz") "was denn nun  eigentlich mit diesem Begriff gemeint sein soll und wie das Phänomen zu bewerten ist" (21).
     Also zurück zu den Quellen. Von den wenigen antiken, die die Bücherverbrennungen und Umerziehungsprogramme der frühen Christenheit überstanden (z.B. Irenäus von Lyon und Tertullian) bis zu den Funden von Nag Hammadi als wichtigstem Zeugnis. Auch über den Ursprung der Gnosis herrscht Unklarkeit. Es scheint, dass sie sich "in einem jüdischen Umfeld vermutlich kurz nach der Zeitenwende entwickelt" (26) und rasch über den vorderen Orient ausgebreitet hat. Im römischen Bereich beginnt ihr Niedergang mit Konstantin, anderswo floriert sie noch im sechsten Jahrhundert.
     Das wichtigste Thema aus dem gnostischen Gedankengut ist zweifellos die Korruption und Minderwertigkeit der materiellen Welt. Die Gnostiker machen sich die Theodizee leicht. Dies ist keineswegs die beste aller möglichen Welten, und das summum bonum ist nicht ihr Schoepfer, sondern sie ist "das Machwerk eines Ignoranten, der mit dem Gott des Alten Testamentes identifiziert wird" (29). Der wirkliche Gott ist eine unnennbare und unsichtbare Kraft.  Der Schöpfergott hingegen ist ein unfähiger und halb verbrecherischer Trottel, ein glück- und talentloser Ingenieur, dessen Machwerk weit hinter seiner eigenen Vision zurückbleibt. Verständlicherweise ist die Menschheit, die ja aus demselben Labor stammt und deshalb keinen Abstand besitzt, zu dumm, um den wahren Sachverhalt zu erkennen.
     Hier hätte ein Vergleich mit Jakob Boehme, der leider, wenn auch mit guten Gründen (65), in dieser Arbeit zu kurz kommt, aufgezeigt, wie sehr die Theosophie des 16. und 17. Jahrhunderts gnostischem Gedankengut verpflichtet ist. Auch bei Boehme ist die Bildung der Materie nicht "gottgewollt" sondern die Folge von Luzifers Abfall und Verbannung in die Finsternis, was einige Interpreten veranlasst hat, Luzifer für den eigentlichen Weltschöpfer zu halten. Das meinte Boehme allerdings nicht, nur dass die Aufsässigkeit der Geschöpfe Luzifer und Adam verheerende Folgen hat.
     Gegen die verstockte Dummheit der Welt, die selber ihre Existenz einem vermeidbaren kosmischen Betriebsunfall verdankt, setzt der Gnostiker eben diese Einsicht. Die Erkenntnis, die die Schlange Adam und Eva verspricht, ist für ihn der erste Schritt aus der tumben Befangenheit in die Autonomie der Wissenden, geradezu eine heilig/heilsame Verpflichtung, und die Schlange das weiseste der Tiere. Eine docta ignorantia und den Autoritätsanspruch einer Kirche lehnt die Gnostik ab.
     Daraus folgt die "Selbstermächtigung des Subjekts" und nicht ganz logisch die "Überzeugung, dass dem Menschen aus eigener Einsicht ... die Wahrheit zugänglich sei" (36). Seiner Überlegenheit gewiss, ignoriert der gnostische Weise die Einwände der anderen, verachtet die Welt und die "verblendeten" Fürsprecher des Bestehenden, ob es nun die biblischen Religionen sind oder die moderne Technik (45).
     Was jetzt folgt und Hauptteil und Anliegen der Arbeit ausmacht, ist eine Dokumentation der Aneignung, Anpassung und Verwertung dieses Gedankengutes, häufig typische Säkularisations-Erscheinungen, von Augustinus und Plotin über die Renaissance (die sich ja nicht nur an der klassischen Antike und neuen Astronomie orientiert) zu Schopenhauer und Nietzsche, zu den französischen Symbolisten und in deren Gefolge Stefan George, bis zu den Malern der Jahrhundertwende, die radikal mit der Akademiekonvention brachen. Damit schliesst der erste Teil. Die dreihundert Seiten des zweiten Teils sind den deutschen "Gnostikern" des 20. Jahrhunderts gewidmet: Klages, Bloch, Heidegger und Adorno.
     Die frühen Erscheinungen werden knapp skizziert. Schopenhauer, dessen Pessimismus den Vergleich zur Gnosis förmlich aufdrängt, ist der erste moderne Autor, den Pauen behandelt. Hier wie dort wird ausdrücklich erklärt, dass es sich bei der unvollkommenen Wirklichkeit nicht um korrigierbare Misstände handelt, sondern dass die Welt aus dem Grunde schlecht ist. Das ist eine entscheidende Voraussetzung für die Notwendigkeit der "Erlösung von  der Welt" (73). Diese Resignation und die daraus folgende "Ruhe des Gemüts" sind allerdings auch der Stoa verpflichtet, ferner der asketischen vanitas- und mystischen Gelassenheitslehre, und nicht zuletzt nach Schopenhauers eigenem Zeugnis der Sansara/Nirwana-Lehre des Buddhismus.
     Immer wieder wird in diesem Kapitel, das mit Nietzsche endet, auf die Bedeutung der Musik bei der Suche nach der wahren Erkenntnis hingewiesen. Die Musik als magisches Medium ist längst ein beliebter Topos. John Dryden feiert die hl. Caecilie unter diesem Zeichen, Mozart widmet den uralten Vorstellungen seine letzte Oper, Kleist eine Novelle, und Rilke einige späte esoterische Gedichte. Wichtig ist die Hinwendung zur Kunst überhaupt, die bei Baudelaire, Mallarmé und in den Blättern für die Kunst  des George-Kreises und, mit etwas verschobenen Akzenten, in Marcs und Kandinskys Almanach Der Blaue Reiter ihren vorläufigen Höhepunkt findet. Die Verwandtschaft zur Gnosis sieht Pauen hier in der Emanzipation der Kunst von der Verpflichtung zur Mimesis. Der neue Künstlertyp "ist nicht mehr Nachfolger des göttlichen Schöpfers, der ... ein Abbild ... zu schaffen sucht, sondern ... dessen Gegner, der seine eigene Schöpfung der Hinfälligkeit des Bestehenden entgegenstellt" (128). Natürlich ist das nicht als ausschliessliche Erklärung der grundsätzlichen Revolte dieser Generation gemeint.
     Klages, dem das erste längere Kapitel des zweiten Teils gewidmet ist, teilt laut Jaspers mit der Gnosis einen Irrationalismus mit stark apokalyptischen Zügen und den absoluten Pessimimus, der die Gegenwart, jede Gegenwart, als Inferno betrachtet (138). Seine Kulturkritik wendet sich gegen alles, was er mit dem "Geist" als "Widersacher der Seele" in Verbindung bringen kann, Christentum wie Judentum, und die gesamte moderne Welt der Wissenschaft und des Kapitalismus. "Wille" bedeutet bei Klages bewusstes Wollen, nicht wie bei Schopenhauer "blinde Energie" (142). Auch hier liessen sich Bezüge herstellen zu Boehmes Polemik gegen den zerstörerischen Eigen-Willen. Klages setzt diesem Willen und seinen Folgeerscheinungen eine passive Verweigerung entgegen: "Unser Protest gegen den Geist dieses Zeitalters heisst Enthaltung von jeder Tat" (154). Politisch und wirtschaftlich gesehen ist das unverantwortlicher heller Wahnsinn, doch findet man bei ihm ebenfalls ein modernes Umweltbewusstsein, das Respekt vor dem "gesamten Leben" fordert und den Raubbau an der Natur ("machet euch die Erde untertan") scharf verurteilt. Sein Werk ist konservativ und fortschrittsfeindlich, aber Pauen findet, dass es "gerade jene Erfahrungen bündelt, die für die frühe Moderne charakteristisch sind" (197).
     Bloch hat Klages belächelt und einen Tarzanphilosophen genannt, der der Welt einen auf Flaschen gezogenen Urwald verschreibe. Bloch dagegen schreibe Kirchenfensterdeutsch, meint einer der ersten Rezensenten des Geist der Utopie. Aber die hymnisch-schwülstige Prosa ist gewollt, auch Gundolf schreibt so. Sie orientiert sich teils am Expressionismus, teils gehört sie zum Programm der "Kritik am begrifflichen Denken" (201). Bloch hat die Gnosis auf dem Umweg über die mystische und theosophische Tradition kennengelernt und "lehnt sich ebenso wie die Gnostiker auf gegen die schlechte Wirklichkeit und ihren Schöpfer" (218). Bei ihm ist es hauptsächlich der Widerwille gegen alles Materielle, der die Musik zur höchsten der Künste macht. Die Binsenwahrheit, dass es ohne Materie auch nicht einen einzigen Ton gäbe, fällt nicht ins Gewicht.
Es ist da überhaupt ein Unernst am Werk, die hehre Belanglosigkeit einer Predigt aus Bildern und Metaphern, die dennoch als Kulturkritik mit Therapiehinweisen ernstgenommen werden will. Aber es bleibt Manna fürs Gemüt, den Verstand geht das nichts an. Überraschend ist hingegen Blochs frühe Einsicht, später im Ideologie-Nebel der Jahrhundertmitte vorübergehend aus den Augen verloren, dass der vollendete Kommunismus nicht mit seiner "Utopie" zusammenällt. Vielmehr schafft der erst "die materiellen Voraussetzungen, die es erlauben, den Prozess weiter voranzutreiben" (241).  Und wohin? Zu "den grossen, übermenschlichen, überirdisch eingesetzten Gnadenmitteln der Kirche, einer notwendig und a priori nach dem Sozialismus gesetzten, neuem Offenbarungsgehalt zugewandten Kirche" (Geist der Utopie, 1923). Der nüchternen Torheit der Welt begegnet die trunkene Einfalt in der weltfernen Sprache der Jugendbewegung, die sich zwischen den Weltkriegen bei der jungen Generation an den Universitäten noch am längsten hält. Am Ende steht jedoch auch bei Bloch der "gigantische Weltbrand, dem das gesamte auf Unwissenheit beruhende Werk des Schöpfergottes zum Opfer fällt" (254). Das wünschte sich schon Goethes Mephisto, "denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zu Grunde geht."
     Heideggers Verbindung zur Gnosis ist seinem Marburger Kollegen Bultmann und seinem Schüler Hans Jonas verpflichtet. Pauen konzentriert sich zunächst auf Sein und Zeit, dann aber auf die späten und für ihn weit wichtigeren Beiträge zur Philosophie.  Bei der Beschreibung der frühen Einflüsse gelingt ihm eine seiner vorbildlichen Kurzfassungen.
 "Heidegger hatte Plotin bereits in Brentanos Dissertation kennengelernt,  seine direkte Quelle für die Interpretation des Ursprunges als des 'Anderen'  mögen indessen Meister Eckehart oder Rudolf Otto gewesen sein. Die Lehre  von der ontologischen Hierarchie findet sich bei Duns Scotus, dessen  kosmische Rangordnung Heidegger in der Habilitationsschrift referiert: ..."  (290).
Später kommen die Dichter hinzu, Hölderlin, Rilke und Trakl, Dostojewskij; auch Nietzsche, Kierkegaard, Hegel und Schelling. "Zweifellos folgt Heidegger nicht allein gnostischen Einflüssen" (326).  Am Ende zeigt sich Heideggers "Gnosis" an der "Abstraktheit seiner Opposition ... - das Bestehende ist so schlecht, dass jeder Versuch, es zu ändern, vergeblich bleiben muss" (336). Die wenigen Einsichtigen, "Fremdlinge" heissen sie hier, ziehen sich "ans wärmende 'Herdfeuer des Seyns' zurück, um sich in der 'Erschweigung' des 'Anderen' zu üben - der Radikalismus schlägt um in Resignation" (336). Da stimmt garnichts mehr, nur noch die Grammatik.   Aus Goethes melancholischer Stimmung - selig, wer sich vor der Welt ohne Hass verschliesst - wird die achselzuckende Pose, die radikale innere Emigration der Verweigerer.
     Zum Schluss zu Adorno, über Benjamin, der allerdings nicht hierhergehört. Bei Adorno sieht Pauen, im Gegensatz zur verbreiteten Meinung, eine Entwicklung, spezifisch eine "kontinuierliche Annäherung an gnostische Vorstellungen" (339). Adorno erkennt das Dilemma von Spenglers düsterem Determinismus und der asozialen Resignation Heideggers: "... solche Resignation steht auch ihrerseits in Gefahr, dem Seienden Recht zu geben und die Welt den Mächten zu überlassen" (375). Er zählt das so häufig verschrieene 19. Jahrhundert zu den einigermassen glücklichen Perioden der Menscheit (372), findet die Produktion in einer Agrargesellschaft "näher an den Arbeitenden und Verzehrenden" (389) und würde den Baron von Risach nicht tadeln, der seine öffentliche Laufbahn aufgibt und abseits vom "Lärm der Welt" nach dem Prinzip der gegenseitigen Abhängigkeit und Dienstleistung einen Musterbetrieb aufbaut, wie er sich revolutionär-konservativer nicht denken lässt. Solche Diesseitsfrömmigkeit ist allerdings eine vergeblich-wehmütige Nostalgie, schon bei Stifter. Der späte Adorno teilt mit den Gnostikern den nicht weiter nützlichen Glauben, "dass auf die erbärmliche Lage der Gegenwart weniger durch praktisches Handeln als vielmehr durch Erkenntnis - 'Gnosis' - zu reagieren sei, da jede Handlung in dem Verblendungszusammenhang befangen bleibe, den sie zu überwinden beansprucht" (339). Somit gilt auch für ihn wie für alle hier vorgestellten Autoren, dass die "Auseinandersetzung mit dem Bestehenden" doch im Mittelpunkt steht, nämlich als "ein Akt der Befreiung von überkommenen Traditionen und Zuständen, der sich noch keine Klarheit darüber verschafft hat, was denn nach der gegenwärtigen Finsternis kommen soll" (405).
     Wagner fehlt, des Untergangs grösster Dithyrambiker. Auf den Essay darf man gespannt sein.

Herbert Deinert
Cornell University